Veröffentlicht: 08.12.2019

Blog #9: Haus-Konzeption die Zweite. Jetzt kommen die Profis ins Spiel

2014 erzähle ich meine Idee einem alten Freund und Architekten, Hans-Peter Meyer von Vitalarchitektur Meyer in Weitnau im Allgäu. Und auch der ist vom Gedanken euphorisiert, ein cleveres Hauskonzept für günstiges Bauen zu entwickeln.

Gemeinsam mit seinem Vitalarchitektur-Team diskutieren wir auch andere Bau-Konzepte, wie beispielsweise die Containerbauweise oder die Bauweise mit Fertigelementen. Allerdings kommen wir immer wieder auf die Holz-Ständerbauweise zurück, weil sie eine ganze Reihe von unschlagbaren Vorteilen bietet:

  • Sie ist flexibel sowohl was die Wandstärke anbelangt, als auch die Kantenlängen des Hauses.

  • Sie ist äußerst preisgünstig.

  • Ein eingeschossiges Haus kann von zwei Personen unter Zuhilfenahme eines Krans in Eigenregie errichtet werden.

  • Lässt man das Haus von einer Fachfirma errichten, kostet der Aufwand für die CAD-Planung des Hauses, den Abbund der Hölzer, das Vorfertigen der Wände einseitig mit OSB-Platten beplankt und das Errichten des Gebäudes in etwa noch einmal so viel wie die Materialkosten. Hinzu kommen noch die Kosten für den Transport und für einen Kran vor Ort am Tag der Errichtung.

  • Holz ist ein warmer, sehr angenehm zu verarbeitender Rohstoff.

Aus diesen Gründen bleiben wir bei der Holzständerbauweise und sind mit dieser Entscheidung glücklich.

 

Warum eigentlich kein Tiny-House?

Auch andere Themen werden rauf und runter diskutiert. Beispielsweise die Tiny-House Thematik. Wäre es nicht zeitgemäßer, noch kleiner zu bauen? Von einem Micro- oder Tiny House spricht man wenn die Wohnfläche kleiner als 40 m² ist. Für uns, die wir seit vier Jahren auf acht Quadratmetern im Wohnmobil leben, arbeiten und reisen, würde das immerhin einer Verfünffachung unserer Wohnfläche entsprechen.

Doch alle Kalkulationen zeigen, dass sich die Kosten von 80 auf 40 m² logischerweise nicht einfach halbieren lassen. Hohe Einmalkosten für die technische Ausstattung wie Heizung, Wasser- und Strominstallation sind weitgehend gleich, ungeachtet der Größe des umgebenden Gebäudes. Dass die Leitungen bei einem größeren Haus etwas länger werden, fällt kostenmäßig dagegen kaum ins Gewicht. Deshalb liegen die Quadratmeterpreise für ein schlüsselfertig gebautes Tiny-House in der Regel eher über als unter € 2.000,- pro Quadratmeter, weil die hohen Einmalkosten auf eine geringere Fläche umgelegt werden. Natürlich sind die flächen- und raumbezogenen Kosten nicht zu unterschätzen, wenn das Haus zwei Meter länger und breiter wird. Von den Wänden über das Dach bis hin zur Dämmung und Fassade erhöhen sich die Kosten proportional zum Anstieg der Gebäudefläche. Und logischerweise dauert der Bau umso länger, je größer die Bude wird.  

Einen nicht zu unterschätzenden Entscheidungsgrund gegen ein Tiny House ist das Streben nach Wertbeständigkeit und Investitionsschutz. Mit einem eigenen Haus möchte man ja auch einen Wert schaffen, der im Falle eines Verkaufs zumindest die eingesetzten Kosten wieder einspielen sollte. Auch wenn Tiny Houses derzeit in aller Munde sind, dürfte die Nachfrage nach Häusern unter 40 m² Wohnfläche doch recht bescheiden sein. Das erschwert die Wiederverkaufbarkeit des Hauses oder drückt zumindest auf den Preis. 

Zu dieser Erkenntnis verhelfen mir u.a. auch die Ergebnisse einer Studie, die die Internetplattform https://tiny-houses.de/ im Jahr 2013 anstellt. Darin zeigt sich unter anderem, dass selbst unter den Nutzern der Tiny-House-Plattform die meistenn Leute ein Haus zwischen 50 bis 80 m² Wohnfläche anstreben, was dann gar nicht mehr als Tiny House gilt. Bei der Analyse der Studienergebnisse gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass die Leute eigentlich gar kein Tiny House suchen, sondern "NUR" einen tiny price. Würde man 100 m² Wohnfläche zum Preis von 50 m² bekommen, würden sich wohl die meisten Leute für die 100 m² entscheiden.

Ausgenommen von dieser Aussage sind natürlich all jene Tiny House Fans, die nicht allein wegen der geringeren Kosten, sondern auch aus ideologischen Gründen wegen des kleineren, ökologischen Fußabdrucks ein Tiny House bauen würden.


Tiny Houses Umfrage 2013
Die Ergebnisse der Tiny House Umfrage aus dem Jahr 2013 können unter dem nachfolgenden Link eingesehen werden. https://tiny-houses.de/minihaus-umfrage-2013-ergebnisse/

  

Interessanterweise können sich gut ein Viertel der User der Plattform vorstellen, an ihrem (Tiny-) House selbst Hand anzulegen und durch Eigenleistung die Kosten im Griff zu halten.

Eine ähnliche Untersuchung von Statista aus dem Jahr 2017 besagt übrigens dasselbe: Rund 26 Prozent aller Bauherren können sich den Selbstbau des Hauses oder die Erbringung eines maßgeblichen Anteils an Eigenleistung vorstellen. Allerdings besagt dieselbe Studie, dass es nur 4 % tun.  

Statista Erhebung 2017

Änderungen in der Hauskonzeption

Im Zuge der Diskussionen mit den Vitalarchitekten aus Weitnau gelangen wir zur Erkenntnis, dass wir unser geliebtes Pultdach einem Satteldach opfern sollten.

Gründe:

1.      Aufgrund des nicht vorhandenen Kellers ist Stauraum in unserem Haus tendenziell Mangelware. Mit einem Satteldach hat man die Möglichkeit, den Dachboden als Speicherraum zu nutzen und somit die Stauraumproblematik zu entschärfen wenn nicht sogar zu lösen.

2.      Da wir gerne auch Freunde und Verwandte beherbergen möchten, ist ein Gästebett quasi Pflicht. Damit wir unseren Arbeitsraum nicht immer (um-)räumen müssen, bringt uns Hans-Peter auf die glorreiche Idee, in unserem Arbeitszimmer das Gästebett auf eine Empore unters Dach zu heben und somit zusätzlichen Raum zu schaffen.

3.      Die Dachneigung nach Süden begünstigt die Stromproduktion mit Solarmodulen.

4.      Das Haus wird "massenfähiger", weil Satteldächer laut Studien (siehe auch die Tiny Houses Studie) von den meisten Menschen bevorzugt werden und weil sie auch in den meisten Wohngebieten vorherrschen. In vielen Wohngebieten in Deutschland sind Sattel- oder Walmdächer noch immer die einzig zulässige Dachform. 

So ist mit Hans-Peter Meyer und seinem Vitalarchitektur-Team eine neue Planungsqualität in unser Team gekommen, die einerseits darauf ein Augenmerk legt, dass alles richtlinienkonform und gesetzestreu umgesetzt wird, andererseits, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt werden, an die man auf den ersten und zweiten Blick vielleicht gar nicht denkt.  

So beginnen Hans-Peter und sein Team, unsere ersten rudimentären Grundriss-Skizzen in einen funktionsfähigen und reproduzierbaren Gebäudegrundriss zu verwandeln.

 

 

Grundriss 43

 

Dabei liegt das Hauptaugenmerk bei der Konzeption auf folgenden Aspekten

1.      Das Gebäude soll eine gewisse Symmetrie aufweisen, innerhalb derer die Achsen gespiegelt oder die Räume im rollierenden Verfahren gewechselt werden können. Der Grund für die Profiplaner liegt in der Tatsache, dass jedes Grundstück seine eigene Herausforderung bietet und dass die Räume je nach Erschließung des Grundstücks und nach Ausrichtung der Himmelsrichtungen angepasst werden können. 

Beispiel: Liegt die Erschließung / Zufahrt im Westen des Grundstücks, sollte man die eher ruhigen Räume wie Schlafzimmer und Wohnzimmer im Osten platzieren und umgekehrt. Das setzt eine intelligente Planung des Grundrisses voraus.

2.      Das Haus soll in einem Rastermaß geplant werden, das die gängigen Größen beim Baumaterial berücksichtigt, so dass es möglichst wenig Verschnitt gibt.

3.      Alle Räume sollten so klein wie möglich, aber so groß wie nötig sein, so dass sie mit einer „normalen“ Möblierung funktionieren.

4.      Stauräume und zusätzliche Funktionalitäten sollen auf intelligente Art und Weise geschaffen werden, ohne das Gebäude deshalb unnötig zu vergrößern.

Heraus kommt zunächst einmal der Grundriss für unser Haus mit zwei (Schlaf-)zimmern, von denen eines als Arbeitszimmer zum Einsatz kommen soll, mit der Option, dieses auch als Gästezimmer nutzen zu können.

5.      Zusätzlich gelingt es den Vitalarchitekten, in unserem Haus auf einer Wohnfläche von nur 79,29 m² sogar eine zweites Gästebad mit Dusche und WC sowie einen kleinen Technikraum unterzubringen. Das ist schon rekordverdächtig.

Das Schönste aber ist, dass Hans-Peter und sein Team so ambitioniert sind, dass sie auf der Basis dieses ersten Grundrisses für 2-3 Personen gleich noch zwei weitere Grundrisse entwickeln.

 

 

 

Grundriss 42

Einen Grundriss für ein noch minimalistischeres Haus für 1-2 Personen mit nur einem Schlafzimmer und 63,77 m² Wohnfläche.

 

 

Grundriss 44

Ein weiteres Haus für junge Familien mit ein bis zwei Kindern und dementsprechend 3 (Schlaf-)zimmern auf 88,45 m² Wohnfläche.

Damit steht ein Konzept von drei Häusern, die alle modular aufeinander aufbauen. Aufgrund der Holzriegelbauweise können sie aber auch ganz einfach individuell ergänzt, verändert, erweitert oder reduziert werden. So ist eine fundierte Basis geschaffen, auf der wir nun ans Werk gehen können.

 

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